Die Firma Porsche Konstruktionen KG zu Salzburg verbindet zwei Dinge, die nach bisherigen Wolfsburger Ansichten nicht
zusammengehören. Sie verkauft Volkswagen und treibt Sport. Erfolg hat sie immer. Im Verkauf kann sie auf einen Marktanteil in Österreich von 20 Prozent verweisen. Den hat das Volkswagen- werk in
Deutschland nicht und auch kein Importeur in anderen Ländern.
Im Sport ist die Situation ähnlich: Als das Haus Formel
V-Rennwagen baute, die Auto Vau hießen, gehörten die zur Weltelite. Als man bei den Aussiedlern in Stuttgart Porsche 908 und 917 kaufte, war man am Ende der
Saison 1970 Teilhaber an der Markenweltmeister- schaft. Und selbst als Porsche Salzburg 1971 das verwegene Unterfangen wagte, mit einem Käfer in den
Rallye-Sport ein- zudringen, machte erstmals auch ein solches Auto im Sport ernsthaft von sich reden. Wo immer die Straßen den Käfern schlecht genug waren,
schlugen die Salzburger Autos ordentlich zu. Die schotterreiche österreichische Alpenfahrt zeigte im
Ergebnis fünf Käfer unter den ersten zehn. Und die Balkan-Offensive bei der Donau Rallye brachte sogar einen Gesamtsieg.
Den verkaufsträchtigsten Ruhm aber heimste man im Inland ein: Österreichs Rallye-Staatsmeister Dr. Fischer fuhr VW. Diese Ermunterung zur Markentreue ließ sich der General-Importeur Porsche Salzburg
den Gegenwert von rund einer Million Mark kosten. Damit waren die Käfer teurer als die 917 im Jahr zuvor.
Denn mit ihnen ließ sich nicht wie im Profi-Rennsport das dicke Geld von Sponsorfirmen und Veran- staltern kassieren. Seit den Musterkindern in Salzburg die besonderen
Probleme der Käferfrisur zu schaffen machen, hat man in Wolfsburg offensichtlich die Praxis aufgegeben, die Homologationsblätter schlicht mit Pros- pektdaten zu füllen.
Wenn Tuning- Meister Schwarz in Salzburg Sonder- teile für nötig hält, findet Homolo- gations-Rat Kühne in Wolfsburg einen Weg, bei der CSl einen Nachtrag im Testblatt zu
erwirken. Diese rasch erblühte Kooperation sorgte dann auch endlich für die Erfüllung einer Grund- voraussetzung des erfolgversprechenden VW-Tuning. Die Homologation einer
Trockensumpfschmierung räumte die traditionellen Ölprobleme gründlich vom Tisch und schuf die Basis für hohe und zuverlässige Leistung.
Die Rallye-Motoren von Porsche Salzburg imponieren durch be-
merkenswerte Literleistungen, wenn man mit VW-Maßstäben mißt. Die offizielle Angabe lautet: 120 PS bei 6000 U/min. Das macht bei 1584 ccm 76 PS pro Liter Hubraum und entspricht
Porsche-Serienwerten. Die besten Super V-Motoren (1598 ccm) erreichen höchstens 133 PS, obwohl sie auf dem sehr viel tu- ningfreundlicheren VW 411-Triebwerk basieren. Diese Höchst-
leistung abermuß durch Aufgabe nahezu aller Elastizität erkauft werden, so daß auf manchen Strecken ein zahmerer 125 PS-Motor schon als der sichere Typ gilt. Gemessen daran ist es
mehr als beachtlich, daß Porsche Salzburg aus der für Hoch- leistung weniger geeigneten Käfermaschine 120 PS locken konnte und es überdies verstanden hat, diese
Leistung mit guter Elastizität zu paaren. Denn obwohl die Drehmoment-Kurve erst bei 5000 Touren ihr Maximum von 13,6 mkg erreicht, zieht der Motor bei 2000 U/min los wie ein Büffel.
Die auf jeden Fall sehr gründliche Leistungskur
basiert auf relativ einfachen Mitteln. Einlaßseitig voll- zogen die Salzburger allerdings eine rechte Roßkur. Der eine zentrale Vergaser mußte samt Hirschge-
weih zwei Doppel-Vergasern auf kurzen Leichtmetall- Ansaugstutzen von Sauer und Sohn weichen. Zunächst verwendete man die Vergaser des Porsche 912 (Solex 40 PII-4), neuerdings benutzt man noch
größere Kaliber (Weber 46 IDA/2), die immerhin 46 mm Anschluß- weite am Flansch haben. Dieser gigantische Querschnitt verringert sich - was durch- aus üblich ist - auf dem Weg zum Ventil gering- fügig
.Um diese Einschnürung so klein wie möglich zu halten, bekamen die ursprünglich runden Kanäle im Zylinderkopf im Zuge der Erweiterung eine ziemlich eigenwillige Form. Gemäß dem deutlich gewachse-
nen Frischluftangebot wuchs auch das Einlaßventil erheblich. Sein Durchmesser beträgt statt 35,5 mm nun 40 mm. Neben dieser mächtigen Einlaßpforte wirkt das Auslaßventil zierlich: Es hat noch das
Serienformat von 32 mm. Wie schon früher bei den Formel V-Motoren hobelt Porsche Salzburg die
Zylinderköpfe an ihrer Unterseite um reichlich einen Millimeter ab, so daß die unterste Kühlrippe nur noch
etwa zur Hälfte stehen bleibt. Diese Maßnahme führt zu einer drastischen Erhöhung der Verdichtung, die
jedoch später nicht ganz so kraß ausfällt, weil der Brennraum in seinem Profil nachgearbeitet wird. In
Anbetracht der hier nicht eben idealen Voraussetzungen muß man sich mit einer dezenten Doppel-Kugel
-Segment-Form begnügen, die für Höchstleistung nicht das Optimum darstellt. Das Verdichtungsverhältnis
im bearbeiteten Brennraum ist dann auch eher bescheiden: 9,1. Hier allerdings spielt auch das Streben nach Haltbarkeit eine Rolle, denn VW-Gehäuse reagieren heikel auf extreme Arbeitsdrücke. Auf der
Auslaßseite lassen sich nur sehr dezente Änderungen feststellen.
Die überarbeiteten Kanäle münden in eine äußerlich serienmäßige VW-Auspuffanlage. Hier wird nur der Schalldämpfer einer Ope-
ration unterzogen in deren Verlauf die freien Querschnitte in seinem Inneren etwas erweitert werden. Und schließlich tauscht man noch die Endrohre gegen solche ohne Dämpfeinsatz aus.
Unterhalb der Zylinderköpfe trifft man im Salzburger Rallye-Motor nur noch wenig serienfremde Teile an. Die Kolben sind serienmäßig (obwohl es eine geschmiedete Ausführung mit leichtem Dom gibt).
Sie haben zur Zeit auch noch das Originalmaß, aber es ist vor- gesehen, die Differenz zwischen 1584 ccm und dem Klassenlimit von 1600 ccm durch Übermaßkolben zu beseitigen. Der Kurbeltrieb
wird nur geringfügig verfeinert: Die Pleuel sind ausgewogen, die Kurbelwelle ist feingewuchtet. Erleich-
terungen werden hier und auch am Schwungrad nicht vorgenommen. Sehr viel eingehender widmet sich Tuner Schwarz der Nockenwelle, die bis heute noch ein Objekt intensiver Versuche ist. Die gegenwärtig
verwendete umgeschliffene Serienwelle bringt etwa 1,8 mm mehr Ventilhub und hat auf der Einlaßseite einen Öffnungswinkel "von zumindest nicht weniger als 320 Grad".
Das Motorgehäuse zeigt außer den Anschlüssen für die Trockensumpfschmierung keine wesentlichen Veränderungen. Eine Vergrößerung der Ölbohrungen oder eine Versteifung mit durchgezogenen
Gehäusebolzen hielt man nicht für nötig.
Selbst bei der Realisierung einer Trockensumpfschmie- rung gelang es, einen recht einfachen Weg zu finden. Die serienmäßige Ölpumpe bleibt auf der Druckseite
weitgehend unverändert im Dienst, nur bezieht sie ihr Öl nicht mehr aus dem Kurbelgehäuse, sondern über eine Schlauchleitung aus dem Öltank. Statt eines Deckels
aber sitzt auf der Serienpumpe ein zweites Gerät zur Ölförderung (ähnlich wie beim Käfer mit Automatik). In dessen Gehäuse befinden sich im Gegensatz zur
Druckpumpe drei Förderzahnräder (VW-Serienteile). Diese zweite Pumpe hat die Aufgabe, das Öl aus dem Kurbelgehäuse in den Öltank zu schaffen.
Im Interesse kurzer Wege befindet sich der Öltank in unmittelbarer Nähe des Motors. Bislang brachte man
ihn neben dem linken Hinterrad unter, neuerdings probiert man auch Tanks in der hinteren Gepäckablage.
Die Kontrolle des Ölstandes erfolgt übrigens sehr elegant über ein Instrument am Armaturenbrett. Für
dezente Öltemperaturen sorgt ein Kühler, den Behr ursprünglich für den Porsche 908 entworfen hat. Er
wohnt diskret hinter der durchlöcherten Frontschürze, die eigentlich für den Export nach USA und für den Einbau von Klimaanlagen gedacht ist.
Da auch ein hochfrisierter Käfer verglichen mit der Konkurrenz nicht eben auf unerschöpfliche Leistungsreserven zurückgreifen kann. bemühte man sich in Salzburg sehr darum, wenigstens die
vorhandene Kraft optimal einsetzen zu können. Das erste Produkt dieser Anstrengungen war ein eng gestuftes Vierganggetriebe, dessen geradeverzahnte Radsätze der ortsansässige Renngetriebe-Fabrikant
Schafleitner beisteuerte. Zusammen mit der kurzen Hinterachsübersetzung des VW 1300 sorgt dieses Getriebe für Geschwindigkeiten in den Gängen, die in VW-Fahrerkreisen Verblüffung auslösen dürfte. Bei
6500 U/min lassen sich im 1. Gang 70 km/h, im 2. Gang 105, im 3. Gang 135 und im 4. Gang 162 erreichen. Die beiden unteren Gänge sind hier länger, die beiden oberen aber vergleichsweise deutlich
kürzer übersetzt: Ein normaler VW 1302 S würde mit der gleichen Übersetzung bei der Nenndrehzahl von 4000 U/min nur knapp 100 km/h im Vierten laufen. Zukünftig freilich soll das enge Vierganggetriebe
hauptsächlich in den Autos der Kundschaft von Porsche Salzburg laufen, und es wird jetzt auch für rund 1000 Mark angeboten. Die Werkswagen aber erhalten das frisch homologierte Fünfganggetriebe des VW
-Porsche 914. Auch hier suchten sich die Salzburger aus Porsches Rädersortiment eine sehr enge Abstufung aus, und die Geschwindigkeiten in den Gängen werden bei 6500 U/min lauten: 54 km/h, 78
km/h, 106 km/h, 135 km/h und 170 km/h.
Die weitere Kraftübertragung findet über ein Differential mit begrenztem Schlupf statt. Die Kupplung stammt von VW und ist ganz serienmäßig.
Da Porsche Salzburg klar bevorzugt, seine Autos auf üblen Straßen gewinnen zu lassen, fallen die Ände- rungen am Fahrwerk recht sparsam aus. Der meiste Aufwand an der Unter-
seite des Wagens entfällt auf eine sehr gründliche Panzerung empfind- licher Teile - an den Radführungen aber geschieht erstaunlich wenig. Die Vorderräder erhalten, soweit das die vorhandenen
Verstellmöglichkeiten zulassen, negativen Sturz (maximal 30 Winkel-Minuten). Die Hinterachs- einstellung bleibt sogar ganz unverändert. Der Wagen wird auch - und das mit
voller Absicht - nicht tiefergelegt. Und die einzige hier erwähnenswerte Änderung besteht in einem Satz
Bilsteindämpfer. Künftig will man allerdings behutsam experimentieren: Eine straffere Federung hinten, kombiniert mit neu abgestimmter Dämpfung, gilt nach einigen erlittenen Durchschlagsschäden als
erstrebenswert. Gute Erfahrungen liegen auch mit einem Stabilisator an der Hinterachse vor, der ein in diesem Metier
keinesfalls gefragtes Untersteuern im Keime erstickt. Bezüglich der Bremsen gar zeigten sich die Salzburger weniger kritisch als das Volkswagenwerk. Sie waren mit den kleinen Scheibenbremsen der
Ausführung 70/71 bei ihrem 120 PS-Exemplar zufrieden, während VW schon beim normalen 1302 S mit 50 PS seit September 1971 eine größere Ausführung verwendet. Allein die Hinterradbremsen erhielten beim
Rallye-Geschoß Nachhilfe in Form größerer Radbremszylinder. Blankes Erstaunen aber muß die Salzburger Reifenwahl in den Kreisen der Breitreifen-Fans hervorrufen.
Denn hauptsächlich verwendet man die Seriengröße 155 SR 15, montiert auf Stahlfelge. Solche Räder
sind in Salzburg wegen ihres Preises und der Eigenschaft beliebt, daß sie bei harter Gesteinsberührung
gerade etwas weniger aushalten als die Teile der Radführungen. Und ein Rad läßt sich eben schneller wechseln als ein Schräglenker. Auf solche Reparaturen aber müssen die Betreuer der beileibe nicht
zaghaften alpenländischen Piloten schon gefaßt sein. Sie halten es mit dem Charakter des Wagen und
dem Wahlspruch: brutal aber herzlich. - cpb -
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